Allgemein | Versicherungsrecht

Rechtsschutzversicherung: BGH stärkt Rechte der Versicherungsnehmer

Rechtsanwalt Christian Bonn, LL.M. am 14. Oktober 2015

Der Bundesgerichtshof hat mit einem Urteil vom 25.02.2015 (Az.: IV ZR 214/14) die Rechte der Versicherungsnehmer (VN) in der Rechtsschutzversicherung deutlich gestärkt und seine frühere Rechtsprechung ausdrücklich aufgegeben. Das hat weitreichender Auswirkungen auf die Ansprüche der Versicherungsnehmer.

Dazu folgender beispielhafter und in der Praxis immer wiederkehrender Fall: Ein Versicherungsnehmer schließt im Jahr 2010 eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) ab. Im Jahr 2011 schließt er einen Rechtsschutzversicherungsvertrag ab. Schließlich erkrankt er im Jahr 2015 und wird berufsunfähig. Der BU-Versicherer verweigert die Leistung und ficht den Vertrag an, weil der Versicherungsnehmer im Jahr 2010 Fragen nach seinem Gesundheitszustand arglistig falsch beantwortet haben soll. Der Versicherungsnehmer bestreitet das und hält die Anfechtung für unwirksam. Ein Fall für die Rechtsschutzversicherung?

Sie sagt Nein. Denn generell bieten Rechtsschutzversicherungen mit Unterschreiben des Vertrags Versicherungsschutz für zukünftige Auseinandersetzungen. Kein Versicherungsschutz besteht dagegen für vorvertragliche Rechtsstreitigkeiten, bei denen der Rechtsverstoß zeitlich vor dem Versicherungsbeginn liegt.

Nach der bisherigen Rechtsprechung konnte der Rechtsschutzversicherer die Deckung für den Streit mit dem BU-Versicherer ablehnen, da ja der erste (angebliche) Rechtsverstoß die Falschbeantwortung der Gesundheitsfragen 2010 war und somit ein Jahr vor Abschluss des Rechtschutzvertrages lag.

Diese Rechtsprechung hat der BGH nun ausdrücklich aufgegeben: Was der Gegner behauptet, ist für den Zeitpunkt des Versicherungsfalles vollkommen irrelevant. Für die Festlegung des relevanten Verstoßes ist allein der Tatsachenvortrag entscheidend, mit dem der Versicherungsnehmer den Rechtsverstoß seines Gegners begründet. Als frühestmöglicher Zeitpunkt kommt dabei das dem Gegner vorgeworfene pflichtwidrige Verhalten in Betracht, aus dem der Versicherungsnehmer seinen Anspruch herleitet.

In unserem Fall wirft der Versicherte dem BU-Versicherer vor, die Verweigerung der Leistung im Jahr 2015 sei unwirksam und begehrt die Versicherungsleistung. Nach der neuen aktuellen Rechtsprechung liegt daher keine Vorvertraglichkeit vor. Diese hat Auswirkungen nicht nur auf versicherungsvertragliche Auseinandersetzungen, sondern für praktisch alle vertraglichen Streitigkeiten und bedeutet eine drastische Stärkung der Rechte der Versicherungsnehmer.

In meiner Praxis konnte bereits in einigen Fällen noch im Nachhinein eine Zahlung der Rechtsschutzversicherer erwirkt werden.

Rechtsanwalt Christian Bonn, LL.M.
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