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Streitschlichtung: Alternative zur Klage

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp am 6. Februar 2016

Der DFB geht wegen der WM-Vergabe gegen Franz Beckenbauer und andere Verantwortliche vor, indem er einen Antrag bei der ÖRA-Vergleichsstelle einreichte. Durch das Güteverfahren wird wie bei einer Klage die Verjährung der Ansprüche gehemmt.

Die ÖRA (Öffentliche Rechtsauskunft- und Vergleichsstelle Hamburg) ist eine Einrichtung der Freien und Hansestadt Hamburg, die in zivilrechtlichen Angelegenheiten für alle natürlichen und juristischen Personen innerhalb und außerhalb Hamburgs Streitschlichtung über ein Güteverfahren anbietet.

Die Gebühr des Güteverfahrens richtet sich nach dem Gegenstandswert der Angelegenheit, d.h. dem Wert der zu verhandelnden Ansprüche. Die Gebührenhöhe ist durch eine Gebührentabelle geregelt und beträgt z.B. 100,00 Euro bei einem Gegenstandswert von 10.000,00 Euro, 420,00 Euro bei einem Gegenstandswert von 100.000,00 Euro und 2.865,00 Euro bei einem Gegenstandswert von einer Million Euro. Zum Vergleich: Zu diesen Streitwerten betragen die Gerichtsgebühren bei Klage 723,00 Euro, 3.078,00 Euro und 16.008,00 Euro.

Soweit die Beteiligten rechtsschutzversichert sind, trägt die Rechtsschutzversicherung die Kosten, d.h. insbesondere die Gebühren der Gütestelle und des Rechtsanwaltes. Deckungszusage für ein Gerichtsverfahren wird nicht benötigt: Eine Deckungszusage für die außergerichtliche Interessenwahrnehmung umfasst das Verfahren bei einer staatlich anerkannten Gütestelle (BGH, Urteil vom 21.10.2015 – IV ZR 266/14).

Durch das Güteverfahren wird die Verjährung gehemmt. Nach § 204 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BGB hemmt „die Veranlassung der Bekanntgabe des Güteantrags, der bei einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle“ die Verjährung, wobei gilt: „wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.“ In der Praxis kommt es damit in der Regel auf die rechtzeitige Einreichung des Antrages an. Verzögerungen bei der Bekanntgabe des Güteantrags, die auf einer Arbeitsüberlastung der Gütestelle beruhen, sind dem Antragsteller grundsätzlich nicht zuzurechnen – die Verjährungshemmung tritt auch bei monatelanger Verzögerung durch die Gütestelle ein (BGH, Urteil vom 22.09.2009 – XI ZR 230/08).

Geleitet wird die Streitschlichtung jeweils von einem neutralen Vorsitzenden, der im Hauptberuf Richter oder Rechtsanwalt ist und bei der ÖRA ehrenamtlich tätig wird.

Im Güteverfahren findet keine Beweisaufnahme statt, d.h. streitiger Sachverhalt wird nicht geklärt. Die Gütestelle kann den Streit auch rechtlich nicht entscheiden. Das Güteverfahren kann den Streit nur lösen, wenn eine Einigung gefunden wird.

Finden die Beteiligten zu einer Einigung, ist der vor der Gütestelle geschlossene Vergleich genau so verbindlich wie ein Urteil. Aus dem Vergleich kann auch die Zwangsvollstreckung betrieben werden (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Vorteile des Güteverfahrens sind, dass es im Gegensatz zum öffentlichen Zivilprozess vertraulich und unter Ausschluss der Öffentlichkeit abläuft, dass es kostengünstig ist und damit taktisch die Möglichkeit bietet, die Verjährung möglicher Ansprüche zu verhindern.

Bleibt das Güteverfahren erfolglos, kann der Antragsteller immer noch klagen. Die Verjährungshemmung endet erst sechs Monate nach der Beendigung des Güteverfahrens (§ 204 Abs. 2 Satz 1 BGB).

Die ÖRA bietet auch Mediation im Erbrecht, Familienrecht, Arbeitsrecht und Wirtschaftsrecht an.

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
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Rechtsberatung:

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