Parteienrecht: Kann CSU die „Union der Mitte“ verbieten?
Rechtsanwalt Tobias Goldkamp am 28. Juli 2018CSU-Generalsekretär Markus Blume wirft der „Union der Mitte“ vor, grob gegen die Statuten der Partei zu verstoßen. Gründer Stephan Bloch solle seine Aktivitäten „unverzüglich einstellen“.
Bei der „Union der Mitte“ handelt es sich um eine Initiative von Mitgliedern der CSU und der CDU, die sich öffentlich gegen den politischen Kurs und Stil der CSU-Spitze wendet.
CSU-Satzung definiert Arbeitsgemeinschaften
Die CSU sieht in § 29 ihrer Satzung bestimmte „Arbeitsgemeinschaften“ vor, etwa die Frauen-Union und die Junge Union.
Die Satzung enthält an keiner Stelle eine Regelung, dass sonstige Zusammenschlüsse von Mitgliedern verboten wären.
Gäbe es ein solches Verbot in einer Satzungsklausel, wäre die Satzungsklausel wegen Verstoßes gegen das Gebot innerparteilicher Demokratie unwirksam.
Innerparteiliche Demokratie
Nach Artikel 21 Absatz 1 Satz 3 des Grundgesetzes gilt für die Parteien: „Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen.“
Zu den demokratischen Grundsätzen gehören die Vereinigungsfreiheit (Artikel 9 Grundgesetz) und das Recht auf politische Opposition.
Übertragen auf die Parteien bedeuten sie, dass jedes Mitglied das Recht hat, sich mit anderen Mitgliedern zusammen zu schließen, um bestimmte Positionen im innerparteilichen Diskurs gemeinsam zu vertreten, auch wenn sie von der Linie des Parteivorstands oder der Mehrheit aller Parteimitglieder abweicht.
Parteien dürfen Zusammenschlüsse nicht verbieten
Das bedeutet nicht, dass jedes Parteimitglied eine „Arbeitsgemeinschaft“ im Sinne der Parteisatzung gründen könnte.
Die Parteien sind aufgrund ihrer Organisationsfreiheit berechtigt, Gliederungen vorzusehen, die mit besonderen Rechten und Pflichten ausgestattet werden – etwa einem Antragsrecht, einer Möglichkeit, Delegierte zu Parteitagen zu entsenden und einer finanziellen Ausstattung.
Daraus ist jedoch nicht der Umkehrschluss zulässig, dass andere Formen des innerparteilichen Zusammenschlusses verboten wären oder verboten werden könnten.
Ordnungsmaßnahmen nur bei Satzungsverstößen
Mit Ordnungsmaßnahmen vorgehen kann der Parteivorstand gegen eine innerparteiliche Gruppierung nur unter den engen Voraussetzungen, unter denen sie auch gegen ein einzelnes Parteimitglied vorgehen könnte, etwa wenn sie gegen die Satzung verstoßen oder zur Wahl einer anderen Partei aufrufen.
Hingegen reicht es für eine Ordnungsmaßnahme auf keinen Fall, dass eine Gruppierung in einer politischen Frage oder Stilfrage eine andere Auffassung vertritt als der Parteivorstand und diese etwa auch durch soziale Medien oder in anderer Weise kommuniziert.
Aus dem Recht auf innerparteiliche Opposition folgt, dass aus rechtlicher Sicht abweichende Positionen jederzeit vertreten werden dürfen. Dies beinhaltet, dass diese Positionen auch über soziale Medien oder andere öffentlich zugängliche Kanäle kommuniziert werden dürfen, da heute nur so die weiteren Parteimitglieder effektiv erreicht werden können.
Mag auch Geschlossenheit ein wichtiges politisches Ziel einer Partei im Wahlkampf sein, rechtfertigt dies nicht, abweichende Auffassungen oder deren Kundgabe rechtlich zu verbieten oder durch Ordnungsmaßnahmen zu sanktionieren.
Ergebnis
Ein informeller Zusammenschluss von Parteimitgliedern kann nicht verboten werden, denn er ist durch die über Artikel 21 und 9 Grundgesetz gewährleistete Freiheit der Parteimitglieder geschützt. Umgekehrt verstößt es gegen die Grundsätze innerparteilicher Demokratie, wenn Parteiorgane einen solchen Zusammenschluss untersagen oder die Auflösung verlangen.
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