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Keine Verrechnung mit Minusstunden

Rechtsanwalt Ralf Klingen am 19. März 2012

Regelung zu Arbeitszeitkonten sollten schriftlich festgehalten werden.

Flexible Arbeitszeiten sind bei Arbeitgebern beliebt. Sie ermöglichen den Einsatz der Arbeitnehmer immer dann, wenn besonders viel Arbeit anfällt, auch über die reguläre Arbeitszeit hinaus. Bei wenig Arbeit haben die Arbeitnehmer frei und bauen dann ihre vorher angesammelten Überstunden ab. Auch für Arbeitnehmer ergeben sich Vorteile, wenn sie selbst ihre Arbeitszeit gestalten können. Was aber geschieht, wenn Minusstunden anfallen, z.B. weil die arbeitsvertragliche Regelarbeitszeit unterschritten wird?

» Lohn ohne Arbeit
Grundsätzlich trägt der Arbeitgeber das Beschäftigungsrisiko. Hat er nicht genügend Arbeit für seine Arbeitnehmer, behalten sie dennoch ihren Vergütungsanspruch, auch wenn sie nicht arbeiten können. Deshalb müssen normalerweise Minusstunden nicht nachgearbeitet werden.
Als Arbeitgeber darf man auch die Vergütung nicht kürzen, weil zu wenig gearbeitet wurde. Das gilt selbst dann, wenn zu anderen Zeiten Mehrarbeit geleistet wurde. Auch dann darf gegen den Willen des Arbeitnehmers keine Verrechnung mit Minusstunden erfolgen.
Das auf einem Arbeitszeitkonto ausgewiese­ne Zeitguthaben des Ar­beit­nehmers darf der Arbeitgeber nur dann mit Minusstunden verrechnen, wenn die Führung eines Arbeitszeitkontos ver­einbart ist und diese Vereinbarung eine solche Verrechnungsmöglichkeit vorsieht. Das hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 21.03.2012 entschieden.
Im Fall der Briefzustellerin, die in letzter Instanz beim BAG geklagt hatte, erlaubten weder Tarifvertrag noch Be­triebsvereinbarung, das Arbeitszeitkonto mit Minusstunden zu belasten, die sich aus der Nichtausschöpfung der tarifvertraglichen Wochenarbeitszeit in den Dienstplänen ergeben hatten (BAG, Urteil vom 21.03.2012, Az. 5 AZR 676/11 – Pressemitteilung).
Diese Anforderungen wer­den in der Praxis oft nicht beachtet.

» Rückwirkend auf 3 Jahre
Vielfach werden ohne Rücksicht auf die konkreten Vereinbarungen Minusstunden verrechnet, oft ohne eine schriftliche Vereinbarung über ein Arbeitszeitkonto zu schaffen. Der Arbeitgeber schafft sich dadurch eine Zeitbombe: Grundsätzlich kann der Arbeitnehmer noch bis zur Grenze der Verjährung von drei Jahren auch rückwirkend eine Korrektur und Nachzahlung verlangt werden. Allerdings sind dabei sowohl etwaige Ausschlussfristen zu beachten als auch die Schwierigkeit, nach langer Zeit die fehlerhafte Verrechnung nachzuweisen.
Arbeitgeber sollten sich daher vorzeitig mit entsprechenden, schriftlichen Vereinbarungen absichern.

Rechtsanwalt Ralf Klingen
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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Tel. 02131/9665-55

Rechtsberatung:

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