Familienrecht | Neues Unterhaltsrecht 2008

Erstes Urteil des BGH nach dem 01.01.2008 mit Bezug zum neuen Unterhaltsrecht: Kosten des Ganztagskindergarten stellen teilweise sogenannten Mehrbedarf des Kindes dar und erhöhen daher den Anspruch des Kindes auf Kindesunterhalt

Rechtsanwalt Volker Stadtfeld am 7. März 2008

Achtung! Die nachfolgend dargestellt Entscheidung ist durch eine Änderung der Rechtsprechung überholt:

http://aktuell.breuer.legal/bgh-aendert-seine-rechtsprechung-zu-den-kindergartenbeitraegen-beim-kindesunterhalt/

 

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 05.03.2008 Az: XII ZR 150/05 (das Urteil liegt noch nicht in Textform vor) entschieden, dass die Kosten des Ganztagskindergarten Mehrbedarf des Kindes darstellen, soweit sie die Kosten der üblichen Halbtagsunterbringung übersteigen. Diese Mehrkosten erhöhen daher den Kindesunterhalt über den Satz der Düsseldorfer Tabelle hinaus, wenn der Unterhaltspflichtige in der Lage ist, den höheren Unterhalts zu zahlen.

Die bisher herrschende Auffassung in der Rechtsprechung war, dass die Kosten der Halbtagsbetreuung im Kindergarten in den Tabellensätzen der Düsseldorfer Tabelle enthalten sind. Die Mehrkosten für die Ganztagsbetreuung wurden als berufsbedingter Aufwand des betreuenden Elternteils angesehen und daher nur bei der Berechnung des Trennungsunterhalts, nachehelichen Unterhalts oder des Unterhalts des nicht verheirateten Elternteils berücksichtigt. Wenn ein entsprechender Unterhaltsanspruch aus welchen Gründen auch immer nicht bestand, blieben die Kindergartenkosten vollständig beim betreuenden Elternteil.

Dieser Auffassung waren im konkreten Fall auch das AG Hersbruck und das OLG Nürnberg gefolgt und hatten die Klage abgewiesen.

Der BGH hat nun entschieden, dass die Kosten der Unterbringung im Kindergarten zum Lebensbedarf des Kindes gehören, da die Betreuung im Kindergarten, egal ob ganztags oder halbtags, in erster Linie der Erziehung des Kindes dient. Erziehungskosten gehören zum Bedarf des Kindes.

Die Kindergartenkosten erhöhen aber nicht in voller Höhe den Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle. Wenn der laufende Unterhalt mindestens nach der ersten Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle gezahlt wird, sind darin die Kosten der üblichen Halbtagsbetreuung im Kindergarten enthalten. Der darüber hinausgehende Kindergartenbeitrag für die Ganztagsbetreuung stellt Mehrbedarf des Kindes dar. Dieser Mehrbedarf ist von beiden Eltern anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen zu tragen, der betreuende Elterntteil muss also auch einen Teil tragen, wenn er über Einkünfte verfügt.

Wie immer im Unterhaltsrecht gilt außerdem, dass geprüft werden muss, ob der Unterhaltspflichtige bei Berücksichtigung seines Selbstbehaltes (derzeit minderjährigen Kindern gegenüber 900,00 €) und seiner sonstigen Unterhaltsverpflichtungen in der Lage ist, einen höheren Unterhalt zu zahlen.

Obwohl die Entscheidung des BGH einen Sachverhalt betrifft, der vor 2008 lag und deshalb nach altem Unterhaltsrecht zu bewerten ist, steht das Urteil des BGH m.E. im Zusammenhang mit dem neuen Unterhaltsrecht mit Geltung ab 01.01.2008. Nach neuem Unterhaltsrecht wird es viel häufiger als zuvor dazu kommen, dass Betreuungsunterhalt nicht mehr oder in geringerer Höhe gezahlt werden muss. Einen Überblick zur Unterhaltsreform finden Sie im Beitrag Neues Unterhaltsrecht, Auswirkungen der Unterhaltsreform.

Offensichtlich wollte der BGH nun wenigstens im Hinblick auf die Betreuungskosten eine Entlastung des betreuenden Elternteils erreichen. Dabei ist dem BGH zuzustimmen, denn es darf ja auch nicht vergessen werden, dass eine Ganztagsbetreuung notwendig ist, wenn man vom kindesbetreuenden Elternteil verlangt, einer Ganztagsbeschäftigung nachzugehen.

Rechtsanwalt Volker Stadtfeld
Fachanwalt für Familienrecht
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Rechtsberatung:

Beiträge und Kommentare geben die persönliche Auffassung der jeweiligen Autoren wieder, die nicht unbedingt der Auffassung der Breuer, Klingen, Goldkamp Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB oder der herrschenden Rechtsprechung entspricht. Sie dienen lediglich der Information und Diskussion, d.h. stellen keine Rechtsberatung dar und dürfen nicht als Entscheidungsgrundlage in konkreten Rechtsfällen verwendet werden.

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