Bischof Tebartz-van Elst haftet für Schaden persönlich
Rechtsanwalt Tobias Goldkamp am 15. Oktober 2013Da die Ausgaben für das Diözesane Zentrum St. Nikolaus dem von Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst aufgestellten Statut des Bischöflichen Stuhls zu Limburg widersprechen, muss er den entstandenen Schaden aus seinem Privatvermögen erstatten. Der Bischöfliche Stuhl kann den Schadensersatzanspruch nicht ohne weiteres unter den Tisch fallen lassen.
Deliktische Schadensersatzpflicht nach § 823 BGB und Straftatbestand der Untreue nach § 266 StGB
Die persönliche Schadensersatzpflicht folgt aus § 823 Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Verbindung mit dem strafrechtlichen Untreuetatbestand nach § 266 Absatz 1 Strafgesetzbuch. Diese Vorschriften besagen zusammen gelesen: Wer die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, missbraucht oder die ihm kraft Rechtsgeschäfts obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
Verantwortlichkeit des Bischofs
Nach dem teilweise veröffentlichten Statut ist der Bischöfliche Stuhl zu Limburg eine Körperschaft öffentlichen Rechts, also ein eigener Vermögensträger. Zuständig für die Verwaltung der Körperschaft und damit für die Wahrung der Vermögensinteressen ist gemäß § 6 Absatz 1 a. des Statuts der Bischof.
Ausgaben nur im Rahmen des Haushalts zulässig
Nach § 6 Absatz 3 des Statuts hat der Vermögensverwaltungsrat einen Haushalt zu verabschieden. Kommt der Vermögensverwaltungsrat seiner Aufgabe, einen Haushalt zu beschließen, nicht nach, dürfen nach § 8 Absatz 4 des Statuts nur bereits eingegangene Verpflichtungen des Bischöflichen Stuhls erfüllt und in einem vorherigen Haushaltsplan genehmigte Beträge ausgegeben werden. Daraus folgt im Umkehrschluss: Es dürfen keine neuen Verpflichtungen begründet werden oder für laufende Projekte Ausgaben getätigt werden, die über die im vorherigen Haushaltsplan genehmigten Beträge hinaus gehen.
Die auch aus dem Vermögensverwaltungsrat öffentlich verbreitete Darstellung, es handle sich nicht um ein Aufsichts- sondern nur um ein Beratungsgremium, ist falsch.
Vorsätzlicher Verstoß
Gegen diese Beschränkung hat der Bischof vorsätzlich verstoßen, indem er die Planungen ausgeweitet hat, ohne hierfür über eine Kostendeckung aus einem genehmigten Haushalt zu verfügen. Für die Schuldform des Vorsatzes ist keine Absicht erforderlich. Es reicht aus, dass der Bischof billigend in Kauf genommen hat, dass die Mehrausgaben nicht von einem entsprechenden Haushaltsbeschluss des Vermögensverwaltungsrates gedeckt sind. Im Juristendeutsch nennt man dies Eventualvorsatz. Bischof Franz-Peter Tebarz-van Elst hat sich wegen Untreue strafbar gemacht.
Persönliche Haftung
Nach § 823 Absatz 2 Satz 1 BGB hat der Bischöfliche Stuhl deshalb auch einen Schadensersatzanspruch gegen Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst. Verfolgt der Bischöfliche Stuhl, etwa durch den Generalvikar oder ein Amtsnachfolger des Bischofs, diesen Anspruch nicht, können sich die Verantwortlichen ebenfalls wegen Untreue strafbar und persönlich schadensersatzpflichtig machen.
Schadenshöhe
Als Schaden muss der Bischof jedoch nicht sämtliche eigenmächtigen Ausgaben ersetzen, sondern nur den Betrag, um den die Erhöhung des Marktwertes des bebauten Grundstücks oder der Wert der geschaffenen Kunstwerke hinter den dafür verausgabten Kosten zurück bleibt. Der Bundesgerichtshof spricht von einer Gesamtsaldierung (Beschluss vom 01.06.2010, Az. VI ZR 346/08, Randnummer 14, zitiert nach juris):
„Die Vermögensminderung ist nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung festzustellen, in dem der Wert des Gesamtvermögens vor und nach der pflichtwidrigen Tathandlung verglichen wird (vgl. BGHSt 15, 342, 343 f.; 47, 295, 301 f.; Beschluss vom 10. November 2009 – 4 StR 194/09 – StraFo 2010, 168 Rn. 10 m.w.N.; Dierlamm, in: MünchKomm, StGB, § 266 Rn. 178; Perron, in: Schönke/Schröder, StGB, 27. Aufl. 2006, § 266 Rn. 40). Auch der Vermögensschaden im Sinne des § 249 Abs. 1 BGB wird nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgrund eines Vergleichs der Vermögenslage des Betroffenen infolge des schädigenden Ereignisses und dem Vermögensstand, der ohne dieses Ereignis bestünde, festgestellt. Ein Vermögensschaden ist danach grundsätzlich gegeben, wenn der tatsächliche Wert des Vermögens des Geschädigten geringer ist als der Wert, den das Vermögen ohne das schädigende Ereignis haben würde (vgl. BGHZ 99, 182, 196; Senatsurteil vom 31. Mai 1994 – VI ZR 12/94 – VersR 1994, 1077; BGH, Urteil vom 17. Januar 2008 – IX ZR 172/06 – VersR 2008, 788; vom 12. März 2009 – VII ZR 26/06 – NJW 2009, 1870 Rn. 15).“
Hat die Badewanne, für die nach der Berichterstattung 15.000 Euro ausgegeben wurden, den Grundstückswert um 5.000 Euro erhöht, beträgt der Schaden durch diese Maßnahme 10.000 Euro. Hat der Bischof ein Kunstwerk für 10.000 Euro erstehen können, das einen Wiederverkaufswert von 15.000 Euro hat, so besteht kein Schaden. Allerdings dürfen Plus und Minus aus einzelnen ungenehmigten Ausgaben nur miteinander verrechnet werden, wenn sie in einem Schritt veranlasst wurden. Wertsteigerungen und Schäden aus Maßnahmen, die einzeln und unabhängig voneinander vom Bischof angeordnet wurden, können nicht untereinander verrechnet werden.
Angesichts der berichteten Hochwertigkeit der beauftragten Arbeiten besteht hier durchaus Aufklärungsbedarf. Aus anwaltlicher Sicht hat der Bischof an dieser Stelle gute Möglichkeiten, sich zu verteidigen und zu versuchen, zu erreichen, dass wenigstens das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue gegen Auflage eingestellt wird.
Rechtsanwalt Tobias Goldkamp ist als Fachanwalt für Erbrecht und Fachanwalt für Verkehrsrecht häufig in Schadensersatz- und Haftungsprozessen tätig.
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