Unwirksame Geschäfte des Vorerben oder Testamentsvollstreckers
Rechtsanwalt Tobias Goldkamp am 22. Juni 2011Vorerben und Testamentsvollstrecker dürfen Nachlassgegenstände nicht wegschenken oder deutlich unter Wert abgeben. Sonst kann das Geschäft unwirksam sein und der Erbe später die Rückabwicklung verlangen.
In einem vom OLG Bamberg entschiedenen Fall tauschte ein befreiter Vorerbe drei zum Nachlass gehörende Grundstücke, die im Notarvertrag mit 281.336 Euro bewertet wurden, gegen ein anderes, mit 96.336 Euro bewertetes Grundstück. Für die Wertdifferenz erfolgte eine Ausgleichszahlung von 185.000 Euro.
Auf den ersten Blick erscheinen Leistung und Gegenleistung gleichwertig.
Doch im Gerichtsverfahren ermittelten Sachverständige für die Grundstücke aus dem Nachlass einen Wert von 394.750 Euro und für das eingetauschte Grundstück einen Wert von 39.000 Euro. Auch bei Berücksichtigung der Ausgleichszahlung von 185.000 Euro summierte sich die Gegenleistung damit nur auf 224.000 Euro.
Der Empfänger der Nachlassgrundstücke wurde verurteilt, der Grundbuchberichtigung (§ 894 BGB) zuzustimmen, so dass die Nacherbin die von den Vorerben veräußerten Grundstücke zurück erhielt. Allerdings musste sie Zug um Zug auch das eingetauschte Grundstück rückübertragen und die Ausgleichszahlung zurück geben.
Adäquate Gegenleistung erforderlich
Bei Vor- und Nacherbschaft werden (teil-)unentgeltliche Geschäfte des befreiten Vorerben mit dem Eintritt der Nacherbschaft unwirksam, § 2113 Abs. 2 BGB.
Für die Testamentsvollstreckung existiert in § 2205 S. 3 BGB eine ähnliche Regelung. Verfügungen des Testamentsvollstreckers ohne ausreichende Gegenleistung sind grundsätzlich schwebend unwirksam. Sie werden dann nur wirksam, wenn ihr alle Erben zustimmen. Verweigert einer von ihnen die Genehmigung, wird die Verfügung nichtig.
Ausnahmen macht das Gesetz nur, wenn durch die unentgeltliche Verfügung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird (§§ 2113 Abs. 2 S. 2 und 2205 S. 3 BGB).
Vorerben und Testamentsvollstrecker müssen gewissenhaft darauf achten, dass sie im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung vertretbare Gegenwertvereinbarung treffen, wenn sie Nachlassgegenstände veräußern.
Für nicht befreite Vorerben gilt mit § 2113 Abs. 1 BGB eine noch strengere Regelung: Sie dürfen überhaupt nicht verfügen, es sei denn, die Verfügung dient der Erfüllung einer vom Erblasser begründeten Nachlassverbindlichkeit – etwa einer Auflassung oder eines Vermächtnisses – oder der Befolgung einer Teilungsanordnung des Erblassers.
Rückübertragung, Schadensersatz, Strafbarkeit wegen Untreue
Ansonsten liegt eine gemischte Schenkung vor und die Übertragung wird unwirksam. Darüber hinaus kann ein Schadensersatzanspruch entstehen und der Straftatbestand der Untreue verwirklicht werden.
Decken Erben ein Veräußerungsgeschäft des Vorerben oder Testamentsvollstreckers auf, bei dem Leistung und Gegenleistung im Missverhältnis stehen, sollten sie prüfen, ob das Geschäft rückabgewickelt werden kann.
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