Familienrecht

Wachstumsbeschleunigungsgesetz führt zu deutlicher Erhöhung des Mindestunterhalts für Kinder

Rechtsanwalt Volker Stadtfeld am 21. Dezember 2009

Nun hat auch der Bundesrat dem Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) zugestimmt.

Neben dem Geschachere im Vorfeld der Abstimmung im Bundesrat, ist für mich völlig unverständlich, wieso die mit dem Gesetz verbundene deutliche Erhöhung des Mindestunterhalts für Kinder in der Presseberichterstattung und wohl auch in den Gesetzesberatungen (ich gebe zu, ich habe nicht alle Protokolle gelesen; in der Sitzung des Finanzausschusses vom 30.11.2009 wurde dieses Thema nicht angesprochen) überhaupt keine Rolle spielte.

Fakt ist, der gesetzliche Mindestunterhalt richtet sich nach dem sächlichen Existenzminimum für Kinder nach § 32 VI S. 1 EStG. Dieser wird auf 2184 € erhöht. Nach § 1612 a BGB beläuft sich der Mindestunterhalt dann auf 317 €, 364 € und 426 € (1. bis 3. Altersstufe).

Von diesen Beträgen ist das hälftige Kindergeld abzuziehen, das ja auch erhöht wird. Dennoch steigt der Zahlbetrag um ca. 13 %. Nachfolgend die Zahlen für das erste und zweite Kind:

1. Altersstufe: Bisher: 199 €, zukünftig: 225 €

2. Altersstufe: Bisher: 240 €, zukünftig: 272 €

3. Altersstufe: Bisher: 295 €, zukünftig: 334 €

Auch der Unterhaltsvorschuss nach dem UVG erhöht sich von 117 € auf 133 € für die 1. Alterstufe und von 158 € auf 180 € für die 2. Stufe.

Diese Nachricht ist für die Empfänger von Kindesunterhalt sicherlich erfreulich. Man darf auch darüber streiten, ob der bisherige Mindestunterhalt das Existenzminimum der Kinder tatsächlich sicherte.

Aber eine Erhöhung des Mindestunterhalts um ca. 13 % innerhalb eines Jahres ist weder mit der allgemeinen Einkommensentwicklung noch mit einer Steigerung der Lebenshaltungskosten zu rechtfertigen. Dies gefährdet meiner Meinung nach die Akzeptanz des Unterhalts durch die Unterhaltsverpflichteten, die keine Möglichkeit mehr sehen, die erhöhte Zahllast zu stemmen. Schließlich hat sich das Einkommen ja nicht so erhöht.

Wenn dies dazu führt, dass die Zahl der Unterhaltsverweigerer insgesamt noch weiter steigt, ist auch den unterhaltsberechtigten Kindern nicht geholfen. Und auch nicht der öffentlichen Hand (also allen Steuerzahlern), die dann über Sozialleistungen einspringen muss.

Noch ein anderer Aspekt ist ärgerlich. In den Fällen, in denen der betreuende Elternteil ebenfalls Unterhalt erhält, verringert sich dieser. Dadurch kann auch weniger im Rahmen des begrenzten Realsplittings steuermindernd abgesetzt werden. Das zur Verfügung stehende Gesamteinkommen wird reduziert. Die ohnehin meist finanziell stark belasteten getrennten Familien finanzieren dadurch indirekt auch einen Teil der Steuersenkungen für Erben, Unternehmen und Hoteliers, die das Wachstumsbeschleunigungsgesetz enthält.

Ich befürchte, die weitgehenden Auswirkungen des Gesetzes in der Realität der vielen Unterhaltsverpflichteten und -berechtigten hat der Gesetzgeber nicht sehen wollen. In der Gesetzesbegründung habe ich jedenfalls nichts zum Kindesunterhalt gefunden. Lediglich die Mehrausgaben und -einnahmen im Bereich des Unterhaltsvorschussgesetzes sind erwähnt.

Es bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung die Folgen der Gesetzgebung abschwächt, z.B. durch Anhebung des notwendigen Selbstbehalts. Dies würde den Unterhaltsverpflichteten in Mangelfällen aber nur dann helfen, wenn gleichzeitig das relativ scharfe Schwert der erhöhten Unterhaltsverpflichtung entschärft würde. Ob dies nun wiederum wünschenswert ist, halte ich für zweifelhaft.

Weiterhin werden wir auf die neue Düsseldorfer Tabelle 2010 warten müssen. Es wird sich dann zeigen, ob eine Steigerung von 13 % auch in den höheren Einkommensstufe erfolgt oder nicht.

Oder der Gesetzgeber selbst korrigiert, indem er den Mindestunterhalt vom Kinderfreibetrag abkoppelt. Das gab´s schon einmal, allerdings in umgekehrter Richtung, nämlich bei der Einführung des Mindestunterhalts zum 01.01.2008. Da lag der Kinderfreibetrag des Steuerrechts unter den Sätzen der ersten Stufe der Düsseldorfer Tabelle, so dass § 36 Nr. 4 EGZPO eingeführt werden musste.

Kleiner Zusatz: Neue Düsseldorfer Tabelle 2010 wurde vorgestellt.

http://aktuell.breuer.legal/neue-duesseldorfer-tabelle-2010/

Rechtsanwalt Volker Stadtfeld
Fachanwalt für Familienrecht
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Rechtsberatung:

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