Verkehrsrecht

VW-Abgas-Affäre: Schadensersatz für Fahrzeugeigentümer

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp am 5. Oktober 2015

Für Autos mit manipulierter Abgassoftware sind am Gebrauchtwagenmarkt erhebliche Abschläge zu erwarten. Für diesen Minderwert können die Fahrzeugeigentümer Schadensersatz verlangen. Der Anspruch richtet sich gegen das Unternehmen, welches die Software manipuliert hat.

Nach Medienberichten über den „VW-Abgasskandal“ („Dieselgate“) weisen VW-Diesel-Motoren des Typs EA 189, die in Fahrzeuge der Marken Volkswagen, Audi, Skoda und Seat eingebaut wurden, eine manipulierte Software auf, die dazu führt, dass die Motoren die für sie angegebenen Abgaswerte nur auf dem Abgasprüfstand, nicht jedoch im Normalbetrieb erreichen.

Die Fahrzeugeigentümer müssen nicht hinnehmen, dass ihnen als „Nachbesserung“ eine korrigierte Software aufgespielt wird, die zu Leistungseinbußen des Motors führt. Denn das hieße, den Mangel des zu hohen Schadstoffausstoßes durch einen anderen Mangel – zu geringe Leistung – auszutauschen.

Schadensersatz wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung

Ihnen steht ein Schadensersatzanspruch auf Geldzahlung gemäß § 826 BGB zu. Danach muss derjenige Schadensersatz leisten, der in einer „gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt“.

Sittenwidrig ist eine Handlung, die gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt, d.h. mit den grundlegenden Wertungen der Rechtsordnung nicht vereinbar ist. Die Handlung muss verwerflich sein, was sich z.B. aus den eingesetzten Mitteln oder der zutage tretenden Gesinnung ergeben kann.

Hier ist zu berücksichtigen, dass die Täuschung über die Abgaswerte ein betrügerisches Vorgehen darstellt, welches mithilfe der Softwareprogrammierung planmäßig und für Millionen Motoren durchgeführt wurde. Diese Täuschung vollzog sich zum einen über die Programmierung der Abgasssoftware, zum anderen über die Bekanntgabe der durch die Software gestützten falschen Abgaswerte.

Vorsatz

Erforderlich ist des Weiteren Vorsatz: Der Schädiger muss die Art und Richtung des Schadens und die Schadensfolgen vorhergesehen und die Schädigung jedenfalls, mag er sie auch nicht wünschen, zur Erreichung seines Ziels billigend in Kauf genommen haben. Dass es dem Schädiger gezielt um die Schädigung ging, ist nicht erforderlich. Er muss auch keine Einzelheiten des Schadensverlaufes oder den konkreten Umfang oder die konkrete Höhe des Schadens vorausgesehen haben. Bei einer Handlung, die ein Rechtsgut so stark gefährdet, dass es nur noch dem Zufall überlassen ist, ob der Schaden eintritt, kann aus der Handlung auf den Vorsatz geschlussfolgert werden.

Jeder in der Automobilbranche tätigen Person ist bekannt, dass die Abgaswerte eines Fahrzeuges einen wertbildenden Faktor darstellen. Der Schadstoffausstoß kann nicht nur unter dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes die Kaufentscheidung und damit den Kaufpreis beeinflussen. Er ist u.a. für die Betriebserlaubnis, für das Befahren von Umweltzonen oder für die steuerliche Einstufung des Fahrzeuges entscheidend. Dieses Bewusstsein war nach Lage der Dinge Auslöser der Täuschungshandlungen. Damit lag für die mitwirkenden Personen zugleich auf der Hand, dass die vertriebenen Fahrzeuge mit den schlechteren Abgaswerten nicht oder schlechter absetzbar sein würden, somit ein Minderwert als Schaden angelegt war. Den Personen wird ebenso bekannt gewesen sein, dass der nach Aufdeckung der Täuschung eintretende Imageverlust der Marke sich in einem zusätzlichen Minderwert niederschlägt.

Schaden: merkantiler Minderwert

Als Schaden ist auch ein Vermögensschaden ersatzfähig. In Betracht kommt insbesondere der merkantile Minderwert. Hierbei handelt es sich um die Verringerung des Fahrzeugwertes im Falle eines Weiterverkaufes. Dieser Schaden ist auch dann erstattungsfähig, wenn der Eigentümer das Fahrzeug behält und nicht verkauft. Es handelt sich um einen Abschlag vom Gebrauchtwagenwert, der durch einen Sachverständigen zu ermitteln ist und im Einzelfall mehrere tausend Euro betragen kann.

§ 826 BGB ist für Betroffene besonders interessant, weil er zusammen mit § 31 BGB den direkten Zugriff auf das Unternehmen erlaubt, dessen Mitarbeiter die Täuschung herbei geführt haben – nach unserem Kenntnisstand das Herstellerunternehmen Volkswagen AG. Die Betroffenen müssen sich also nicht abwimmeln und auf Gewährleistungsansprüche gegen die Autohändler verweisen lassen. Sie sollten sich nicht mit Maßnahmen abspeisen lassen, die das Problem (Schadstoffausstoß) nur verlagern (Leistungseinbuße) statt den Schaden zu ersetzen.

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Erbrecht
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Rechtsberatung:

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