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Verzicht auf bedingtes Recht ist keine Schenkung

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp am 27. Januar 2017

Verzichtet ein Berechtigter auf ein bedingtes Recht, dessen Bedingung nicht erfüllt ist, liegt keine Schenkung vor. Dies entschied das OLG München in einem Fall, in dem eine Mutter gegenüber ihrem Sohn auf das Rückforderungsrecht an einem Grundstück verzichtete (Urteil vom 23. November 2016, Aktenzeichen 20 U 2998/16).

Im Jahr 2000 schenkte die Mutter dem Sohn ein Grundstück, wobei sie sich unter anderem ein Rückforderungsrecht für den Fall vorbehielt, dass der Sohn über das Grundstück ohne ihre Zustimmung verfügt, in Insolvenz gerät oder Zwangsvollstreckungsmaßnahmen in den Vertragsbesitz eingeleitet werden. Zur Sicherung dieses bedingten Rückübertragungsrechtes trugen die Parteien eine Vormerkung zugunsten der Mutter in das Grundbuch ein.

Im Jahr 2012 zog die Mutter in ein Seniorenzentrum. Sie verzichtete auf das Rückübertragungsrecht und bewilligte die Löschung der Rückauflassungsvormerkung. Der Sohn verkaufte das Grundstück.

Der Sozialhilfeträger wertete die Löschung der Rückauflassungsvormerkung als Schenkung einer verarmten Schenkerin und leitete den vermeintlichen Rückforderungsanspruch nach § 528 BGB auf sich über gemäß § 93 Abs. 1 SGB XII. In den Bescheiden erklärte der Sozialhilfeträger dem Sohn, dass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Bescheide keine aufschiebende Wirkung hätte.

Der Sohn zahlte daraufhin zunächst an den Sozialhilfeträger und forderte später die gezahlten Beträge im Wege einer gegen den Sozialhilfeträger erhobenen Zivilklage zurück. Nachdem er in erster Instanz unterlag, gab ihm das OLG München in der Berufung Recht:

Zwar hat die Mutter des Klägers unstreitig mit Erlassvertrag vom 29. Mai 2012 (A 2) ohne Gegenleistung auf das ihr unter Punkt VI. des Übergabevertrags vom 4. Dezember 2000 für den ungewissen Fall des Eintritts bestimmter Voraussetzungen eingeräumte und damit bedingte Rückforderungsrecht bezüglich des damaligen Vertragsgegenstandes verzichtet und die Löschung der entsprechenden Vormerkung beantragt und bewilligt. Auch mag dieser Verzicht samt Löschungsbewilligung werthaltig gewesen sein. Nach der gesetzlichen Bestimmung des § 517 Alternative 2 BGB stellt der Verzicht allerdings keine Schenkung im Rechtssinne dar. Denn der Rückforderungsanspruch der Schenkenden war zwar mit Übergabevertrag vom 4. Dezember 2000 bei ihr angefallen, sie hatte ihn allerdings bis zum Abschluss des Erlassvertrages am 29. Mai 2012 mangels Bedingungseintritts noch nicht endgültig erworben. Damit führte ihr Verzicht nicht zu einer Verminderung ihres gegenwärtigen Vermögens (vgl. zum Gesetzeszweck Palandt, BGB, § 517 Rn. 1) und unterfällt der Sachverhalt dem Anwendungsbereich des § 517 Alternative 2 BGB (MünchKom-BGB, § 517 Rn. 3 mwN; jurisPK BGB, § 517 Rn. 7).

§ 517 BGB lautet:

Unterlassen eines Vermögenserwerbs

Eine Schenkung liegt nicht vor, wenn jemand zum Vorteil eines anderen einen Vermögenserwerb unterlässt oder auf ein angefallenes, noch nicht endgültig erworbenes Recht verzichtet oder eine Erbschaft oder ein Vermächtnis ausschlägt.

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
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Rechtsberatung:

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