Verteidigung gegen Nötigung im Straßenverkehr (§ 240 StGB)
Rechtsanwalt Tobias Goldkamp am 22. Mai 2017Nicht jedes Drängeln, Ausbremsen, Lichthupen und Verhindern des Überholens ist eine Nötigung. Vorsicht mit Angaben gegenüber der Polizei!
Eine Nötigung liegt erst vor, wenn es durch das Fahrverhalten des Beschuldigten zu einer Einwirkung von gewisser Intensität und Dauer kommt und diese Einwirkung nicht bloße Folge, sondern Zweck des verbotswidrigen Verhaltens ist.
Eine Verurteilung wegen einer Nötigung im Straßenverkehr kann dazu führen, dass dem Betroffenen die Fahrerlaubnis entzogen wird (§ 69 Abs. 1 StGB). Daher sollte ein entsprechender Vorwurf ernst genommen werden.
Schweigen ist Gold
Viele Beschuldigte begehen den Fehler, sich mit einer Einlassung selbst verteidigen zu wollen. Doch mit solchen Angaben liefern sie Polizei und Staatsanwaltschaft oft nur den noch fehlenden Beweis: dass sie gefahren sind.
Wird die Fahrereigenschaft nicht eingeräumt, ist für die Staatsanwaltschaft oft nicht nachweisbar, wer gefahren ist. Für diesen Nachweis reicht nämlich nicht aus, dass der Beschuldigte Halter des Fahrzeugs ist oder auf das Fahrzeug, etwa einen Dienstwagen, Zugriff hatte.
Wie so oft im Strafrecht gilt: Schweigen ist Gold! Vom Schweigerecht Gebrauch machen! Kein Beschuldigter ist verpflichtet, Angaben zur Sache zu machen. Vorsicht und Zurückhaltung sind geboten.
Tatbestand der Nötigung
Der Tatbestand der Nötigung erfordert, dass der Täter durch sein Fahrverhalten auf einen anderen mit Gewalt einwirkt. Solche Gewalt kann auch psychisch ausgeübt werden – also z.B. ohne Berührung der Fahrzeuge. Die Einwirkung muss dann allerdings so intensiv und dauerhaft sein, dass sie körperlicher Zwangswirkung gleichzusetzen ist (durch die Dynamik fahrender Fahrzeuge entstehende physische Kraftentfaltung).
Deshalb ist nicht jedes Drängeln, Ausbremsen, Lichthupen und Verhindern des Überholens eine Nötigung. Nur wenn diese Verhaltensweisen so intensiv und dauerhaft sind, dass ein unwiderstehlicher Zwang ausgelöst wird, der einer körperlichen Einwirkung gleichsteht, kann der Nötigungstatbestand erfüllt sein.
Der Tatbestand der Nötigung ist nicht bei jedem Regelverstoß verletzt, durch den sich ein anderer Verkehrsteilnehmer beeinträchtigt fühlt. Es kommt darauf an, ob der Täter den anderen Verkehrsteilnehmer zu einem bestimmten Verhalten zwingen wollte (Vorsatz).
Verteidigung
Beschuldigte sollten zunächst keine Angaben gegenüber der Polizei machen. Sie sollten von ihrem Schweigerecht Gebrauch machen, bis ein Rechtsanwalt als Strafverteidiger die Akte und die vorliegenden Beweismittel sichten konnte. Keine Aussage vor Akteneinsicht! Danach ist genügend Raum, die Strategie abzustimmen und eine etwa nötige Einlassung abzugeben.
Rechtsberatung:
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