Verkehrsrecht

Verkehrsunfallflucht: Unfall nicht bemerkt?

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp am 16. Oktober 2008

Immer wieder verfolgen Staatsanwaltschaften und Gerichte „Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort“ nach § 142 StGB, obwohl nicht bewiesen werden kann, dass der beschuldigte Unfallbeteiligte die Kollision bemerkt hat. Bei einer Leichtkollision sind daher die technischen Voraussetzungen einer Wahrnehmung des Unfalls eingehend zu diskutieren. Im Zweifelsfall sollte gegen einen etwaigen Strafbefehl fristgerecht Einspruch eingelegt werden.

Der Beschuldigte kann den Unfall bemerken, indem er ihn entweder sieht (visuell), hört (akustisch) oder fühlt (taktil oder kinästhetisch).

Visuelle Wahrnehmung setzt voraus, dass der Beschuldigte einen freien Blick auf den Unfall hatte und auch hinschaute. In vielen Fällen ist die visuelle Wahrnehmung auszuschließen, weil die Konturen des eigenen Fahrzeugs die Sicht auf die Kollisionsstelle versperrten. Selbst wenn der Beschuldigte den Blick frei hatte, ist eine visuelle Wahrnehmung oft nicht nachweisbar, da der Beschuldigte zum Unfallzeitpunkt auch in eine andere Richtung geschaut haben könnte.

Die visuelle oder akustische Wahrnehmung des Unfalls ist nicht bereits dadurch nachzuweisen, dass außenstehende Zeugen den Unfall gesehen oder gehört haben.

Im Gegensatz zu einem im Freien stehenden Zeugen ist ein Autofahrer durch die Karrosserie von Geräuschen abgeschirmt. Darüber hinaus können die Unfallgeräusche durch Betriebsgeräusche des Fahrzeugs oder andere Geräusche überlagert werden.

Die kinästhetische Wahrnehmung (Gleichgewichtssinn) eines Unfalls ist davon abhängig, ob der Unfall überhaupt eine wahrnehmbare Bewegung oder Bewegungsänderung des Fahrzeugs hervorgerufen hat. Die taktile Wahrnehmung (Fühlen über die Haut) setzt dies ebenfalls voraus und kann zusätzlich von der Kleidung des Beschuldigten oder der Sitzpolsterung beeinträchtigt sein.

In Zweifelsfällen wird die Einholung eines technischen Sachverständigengutachtens erforderlich sein. Die finanzielle Schadenshöhe ist kein Kriterium für die Wahrnehmbarkeit und daher zum Beweis untauglich.

Hinsichtlich der technischen Ausführungen beziehe ich mich auf einen Beitrag von Dipl.-Ing. Stefan Schneider, ureko-Spiegel 02/2001 (pdf).

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
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Rechtsberatung:

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