Rechte von Zeugen und Beschuldigten bei der Vernehmung durch die Steuerfahndung
Rechtsanwalt Tobias Goldkamp am 4. Juni 2012Eine Vorladung zur Vernehmung bei der Steuerfahndung ist immer ein Alarmsignal – egal, ob man als Beschuldigter oder „nur“ als Zeuge geladen wird.
Einfach nicht erscheinen? Keine gute Idee!
Grundsätzlich ist der Ladung Folge zu leisten. Die Steuerfahndung hat, wenn sie das Ermittlungsverfahren selbständig durchführt, die Rechte und Pflichten einer Staatsanwaltschaft (§ 399 Abs. 1 AO). Sie ist dann im Gegensatz zur Polizei befugt, eine Ladung verbindlich anzuordnen mit der Folge, dass bei Nichterscheinen ein Ordnungsgeld angeordnet werden kann (§§ 161a Abs. 2 S. 1, 51 Abs. 1 S. 2 StPO). Voraussetzung eines Ordnungsgeldes ist allerdings, dass die Ladung ordnungsgemäß erfolgt sein muss.
Grundsätzlich gilt: Schweigen
Wer als Beschuldigter geladen wird, sollte grundsätzlich zur Sache schweigen.
Dieser einfache Rat wird in der Praxis leichtfertig nicht befolgt, weil Beschuldigte den Drang haben, die Angelegenheit aufzuklären und sich zu entlasten. Die Ermittler befördern die Aussagebereitschaft mitunter, indem sie über das Schweigerecht nicht aufklären und für den Fall der Nichtaussage mit Repressalien wie Durchsuchung oder Beschlagnahme drohen. Quintessenz der Ermittler ist meist das Motto: Sagen Sie aus, dann wird es nicht so schlimm für Sie. In Wahrheit ist aber das Gegenteil der Fall.
Eine Aussage oder gar ein Geständnis kann man auch im Gerichtsverfahren noch machen, wenn sie nützlich ist. Eine ungeschickte Aussage ist hingegen praktisch kaum noch aus der Welt zu schaffen.
Auskunftsverweigerungsrecht für Zeugen
Auch Zeugen haben ein Recht zur Auskunftsverweigerung bei Fragen, deren Beantwortung dazu führen könnte, dass sie selbst wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit verfolgt werden (§ 55 StPO). Eine solche Selbstbelastungsgefahr droht in Wirtschafts- und Steuerstrafsachen vor allem dann, wenn der Zeuge mit dem oder den Beschuldigten in einer geschäftlichen Beziehung stand. Denn häufig wird von Staatsanwaltschaft, Steuerfahndung und Gericht Mitwissertum unterstellt und als Beteiligung an der Straftat ausgelegt: Wer gestern als Zeuge vernommen wurde, findet sich heute als Mitbeschuldigter und morgen als Mitangeklagter wieder.
Gefahr der steuerlichen Haftung
Aufgabe und Ziel der Steuerfahndung ist es, „Steuerquellen zu erschließen“, d.h. möglichst viele Personen zu suchen, die zahlen. Gelingt es der Steuerfahndung, eine Verurteilung wegen Beteiligung an einer Steuerhinterziehung zu erreichen, haftet der Betroffene zusätzlich zu der Strafe für sämtliche Steuerverbindlichkeiten, die mit der Straftat in Zusammenhang stehen (§ 71 AO)!
Recht auf Verteidiger bzw. Zeugenbeistand
Als Beschuldigter haben Sie das Recht auf einen Verteidiger, als Zeuge das Recht auf einen Zeugenbeistand. Der Verteidiger hat insbesondere das Recht, vor einer Vernehmung Akteneinsicht in die Ermittlungsakte zu nehmen (§ 147 StPO).
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