OLG Stuttgart: Leasingbank haftet Händlern bei Falschbegutachtung
Rechtsanwalt Tobias Goldkamp am 3. Januar 2012Autohändler, die durch fehlerhafte Gutachten der DEKRA Fahrzeuge überteuert von der BMW Leasing GmbH (inzwischen BMW Bank GmbH) kaufen mussten, können von der Leasingbank Rückerstattung verlangen. Ein Schadensersatzanspruch gegen die DEKRA, wie er noch erstinstanzlich zugesprochen war, sei deshalb ausgeschlossen.
Die klagenden BMW-Händler hatten die DEKRA auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Sie waren gegenüber der BMW Leasing GmbH vertraglich verpflichtet, ehemalige Leasingfahrzeuge zu vorher festgelegten Konditionen aufzukaufen. Mit solchen Abnahmeverpflichtungen sichern die Leasinggesellschaften die Verwertung der Leasingrückläufer. Die Verträge sahen vor, dass die Händler jeweils einen Kaufpreis auf Basis einer DEKRA-Begutachtung zahlen.
Der Vorwurf der Händler an die DEKRA: Sie habe den Marktwert der Fahrzeuge überschätzt. Dadurch hätten die Händler überhöhte Preise an die BMW Leasing GmbH zahlen müssen.
In erster Instanz gab das Landgericht Stuttgart den klagenden Händlern Recht. Das Oberlandesgericht hob dieses Urteil nun auf.
Es stellte die Feststellung des Landgerichts nicht in Abrede, dass die Begutachtung fehlerhaft erfolgt war. Jedoch müssten die Händler vorrangig Rückerstattung von der BMW Leasing GmbH verlangen. Der Gutachtervertrag sei ein Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, doch den Händlern fehle das Schutzbedürfnis:
„Eine Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich eines Vertrages ist nach der Rechtsprechung des BGH abzulehnen, wenn ein Schutzbedürfnis des Dritten nicht besteht. Ein Drittschutz ist danach im allgemeinen ausgeschlossen, wenn dem Dritten eigene vertragliche Ansprüche – gleich gegen wen – zustehen, die denselben oder zumindest einen gleichwertigen Inhalt haben wie diejenigen Ansprüche, die ihm über eine Einbeziehung in den Schutzbereich eines Vertrages zukämen (BGH v. 15.02.1978 – VIII ZR 47/77 = BGHZ 70, 327; BGH v. 02.07.1996 – X ZR 104/94 = BGHZ 133, 168 = NJW 1996, 2927; BGH v. 08.06.2004 – X ZR 283/02 = NJW 2004, 3420; BGH v. 22.07.2004 – IX ZR 132/03 = NJW 2004, 3630). […]
Dabei kommt es nicht auf die von den Parteien und auch vom Landgericht thematisierte Frage an, ob der BMW Leasing GmbH eigene vorwerfbare Pflichtverletzungen zur Last zu legen sind und sich hieraus Schadensersatzansprüche der Klägerin gegenüber der BMW Leasing GmbH ergeben. Die entsprechenden Ausgleichsansprüche der Klägerin gegenüber der BMW Leasing GmbH, die das Schutzbedürfnis der Klägerin im Hinblick auf Ersatzansprüche gegenüber den Beklagten entfallen lassen, resultieren vielmehr aus den Gesichtspunkten der Ersetzung einer unrichtigen Leistungsbestimmung durch eine richtige (§§ 317, 319 BGB) […] bzw. der Anpassung der Leistung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) […].“
Ansprüche aus Verträgen mit Schutzwirkung zugunsten Dritter seien subsidiär. Hinzu komme, dass die Händler keinen Schaden erlitten hätten, weil ihnen gegenüber der BMW Leasing GmbH ein gleichwertiger vertraglicher Ausgleichsanspruch zustehe.
(OLG Stuttgart, Urteil vom 20.12.2011, Az. 6 U 107/11)
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