Keine Umsatzsteuer auf Leasing-Schlussabrechnung
Rechtsanwalt Tobias Goldkamp am 6. Juli 2010Bei vielen Leasingverträgen soll der Leasingnehmer dem Leasinggeber zum Vertragsende die Differenz zwischen dem kalkulierten und dem tatsächlichen Restwert zahlen. außerdem werden oft angebliche Schäden am Fahrzeug in Rechnung gestellt. Auf alle diese Ansprüche ist jedoch keine Mehrwertsteuer aufzuschlagen, denn ihnen steht keine umsatzsteuerbare Leistung des Leasinggebers gegenüber.
Während der Bundesgerichtshof dies früher anders sah, vertritt er seit einigen Jahren, dass der Leasingnehmer keine Umsatzsteuer auf die Ausgleichszahlung schuldet. Im Urteil vom 14.03.2007, Az. VIII ZR 68/06, Rn. 18, zitiert nach juris, führt er dazu aus:
„Auch der leasingtypische Ausgleichsanspruch des Leasinggebers unterliegt entgegen der herrschenden Meinung in der obergerichtlichen Rechtsprechung (OLG Frankfurt/M. FLF 1999, 82 [83] mit Anm. von Struppek FLF 1999, 83; OLG Düsseldorf VersR 2003, 765 = NJW-RR 2003, 775 [776]) und der Literatur ( Beckmann aaO Rn. 39; Engel aaO; Habersack aaO Rn. 114; Staudinger/Stoffels , Leasing 2004 Rn. 292; Graf v. Westphalen aaO Rn. 1107) nicht der Umsatzsteuer (so auch Mainzer UR 1996, 245 [246 f.]).
Zwar handelt es sich dabei nach der Senatsrechtsprechung um einen vertraglichen Erfüllungsanspruch (BGHZ 97, 65 [72, 78]; vom 10. 7. 1996 – VIII ZR 282/95 – WM 1996, 1690 = NJW 1996, 2860 unter III 2; vom 1. 3. 2000 – VIII ZR 177/99 – WM 2000, 1009 = NJW-RR 2000, 1303 unter II 2 d). Für die umsatzsteuerliche Beurteilung kommt es jedoch auf die zivilrechtliche Einordnung als Schadensersatz- oder Ausgleichsanspruch nicht entscheidend an (vgl. BGH vom 17. 7. 2001 – X ZR 71/99 – WM 2001, 2309 = NJW 2001, 3535; vom 3. 11. 2005 – IX ZR 140/04 – WM 2005, 2399 = NJW-RR 2006, 189 unter II 1 c m. w. N). Diese Einordnung kann schon deswegen nicht entscheidend sein, weil die Frage der Umsatzsteuerpflichtigkeit nach Maßgabe der oben (unter II 1) bezeichneten Umsatzsteuer-Richtlinie in allen Mitgliedstaaten einheitlich zu beantworten ist (vgl. Martin UR 2006, 56 [56 f.]).
Insoweit ist vielmehr entscheidend, dass der Ausgleichszahlung, nicht anders als der Schadensersatzzahlung (dazu oben unter II 2), nach Beendigung des Leasingvertrags und Rückgabe, Verlust oder Untergang der Leasingsache keine steuerbare Leistung des Leasinggebers mehr gegenübersteht.
Unterliegt mithin auch der leasingtypische Ausgleichsanspruch des Leasinggebers nicht der Umsatzsteuer, kommt es nicht zu der „Kuriosität“ ( Müller-Sarnowski DAR 2002, 485 [494]), dass der Leasingnehmer im Fall einer von ihm schuldhaft veranlassten Kündigung des Leasingvertrags besser steht als im Fall einer nicht schuldhaft veranlassten Beendigung, weil nämlich im ersten Fall keine Umsatzsteuer auf seine Schadensersatzzahlung anfällt, während er im zweiten Fall Umsatzsteuer auf die Ausgleichszahlung zu leisten hat.
Soweit sich aus früheren beiläufigen Äußerungen des Senats (BGHZ 95, 39 [59 f.]; vom 19. 3. 1986 – VIII ZR 81/85 – WM 1986, 673 = NJW 1986, 1746 unter III 4 c) etwas anderes ergibt, wird daran nicht festgehalten.“
Der Bundesfinanzhof hat diese Rechtsprechung in seinem Urteil vom 11.02.2010, Az. V R 2/09, Rn. 20, zitiert nach juris, ausdrücklich übernommen:
„Zahlungen sind nur dann als Schadensersatz für die Höhe des Entgelts einer erbrachten Leistung ohne Bedeutung, wenn zwischen der Zahlung und der Leistung kein unmittelbarer Zusammenhang besteht (vgl. BFH-Urteil vom 16. Januar 2003 V R 36/01, BFH/NV 2003, 667, unter II.2.a; Urteil des Bundesgerichtshofs –BGH– vom 14. März 2007 VIII ZR 68/06, BFH/NV Beilage 2007, 316, unter II.1.).“
Das von den Leasingbanken häufig zitierte Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 22. Mai 2008, IV B 8 – S 7100/07/10007, ändert daran nichts. Zum einen handelt es sich lediglich um eine interne Dienstanweisung, die nach außen keine Rechtsverbindlichkeit hat. Zum anderen ist in dem Schreiben die geänderte höchstrichterliche Rechtsprechung noch nicht berücksichtigt (LG München I, Urteil vom 07.08.2008, Az. 34 S 24052/07, zitiert nach juris).
Nach der neueren Rechtsprechung handelt es sich beim Ausgleichsanspruch um einen nichtsteuerbaren Schadensersatzanspruch. Auch das OLG Düsseldorf hat sich in einem bisher unveröffentlichten Beschluss vom 27.05.2010, Az. I-24 U 231/09, dieser Auffassung angeschlossen.
Interessant ist dabei, dass der Bundesgerichtshof zugleich die für mietrechtliche Schadensersatzansprüche geltende kurze sechsmonatige Verjährung nach § 548 BGB auf den Restwertausgleichsanspruch nicht anwendet, und zwar mit der gegenteiligen Begründung: Es handele sich nicht um einen Schadensersatzanspruch, sondern um einen Erfüllungsanspruch (Urteil vom 10.07.1996, Az. VIII ZR 282/95, Rn. 11, zitiert nach juris).
Gerade bei Fahrzeugleasingverträgen kommt es in der Praxis weiterhin häufig vor, dass die Leasingbanken den Kunden zu dem Ausgleich für Sachschäden Mehrwertsteuer in Rechnung stellen. Dies ist rechtswidrig und sollte nicht hingenommen werden.
Hinzu kommt, dass viele Restwert-Leasingverträge bedenkliche Gestaltungen aufweisen, die zur Unwirksamkeit der Restwertgarantieklausel führen können, wie z.B. das von uns erstrittene Urteil des LG Mönchengladbach vom 12.01.2010, Az. 3 O 265/09, zeigt.
Oftmals sind die Hinweise zu den Gefahren der Restwertabrechnung unzureichend oder es werden absichtlich überhöhte Restwerte in den Vertrag eingesetzt, die das Fahrzeug zum Vertragsschluss günstig erscheinen lassen, jedoch zum Vertragsende zu Nachzahlungen führen (siehe auch: Hilfe für Leasingkunden bei Nachzahlungsverlangen).
Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur nicht anfallenden Umsatzsteuer könnte der Ansatz eines überhöhten Restwertes nicht nur genutzt werden, um den Kunden über die wahre wirtschaftliche Belastung des Leasingvertrages zu täuschen, sondern auch als „Steuersparmodell“. Denn die Zahllasten werden von den umsatzsteuerpflichtigen Sonderzahlungen und Leasingraten weg und zu der umsatzsteuerfreien Restwertausgleichszahlung hin verlagert.
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