Erbrecht | Immobilienrecht

Grundbuchauszug verstehen: Ein kleiner Ratgeber für Rechtsanwälte, Referendare und Mandanten

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp am 24. August 2019

Jedes Grundstück ist im Grundbuch verzeichnet. Dem Grundbuchauszug lassen sich Informationen zur Fläche, zu den Eigentumsverhältnissen und zu Belastungen entnehmen.

Wo befindet sich das Grundbuch?

Jedes Amtsgericht führt die Grundbücher für seinen Bezirk. Um einen Grundbuchauszug zu erhalten, muss man sich also an das örtliche Amtsgericht wenden, in dessen Bezirk das Grundstück liegt. Alternativ ist eine elektronische Grundbucheinsicht über zentrale Portale der Bundesländer möglich, zu denen Notare und bestimmte Rechtsanwälte Zugang haben.

Was beinhaltet das Grundbuch?

Das Grundbuch besteht aus Grundbuchblättern. Jedes Grundstück hat ein Grundbuchblatt (§ 3 Abs. 1 S. 1 GBO). Das Grundstück kann aus mehreren Flurstücken bestehen, also mehreren katastermäßig verzeichneten Flächen.

Was steht alles in einem Grundbuchauszug?

Der Grundbuchauszug besteht immer aus einem Grundbuchblatt. Im Grundbuchblatt steht, welche Flurstücke zu dem Grundstück gehören, welche Eigentumsverhältnisse herrschen und welche Belastungen auf dem Grundstück liegen. Diese Informationen sind in unterschiedlichen Abschnitten des Blattes niedergelegt, die sich über mehrere Seiten erstrecken. Beim Grundbuch hat ein Blatt also mehrere Seiten.

Ist der Grundbuchauszug aktuell?

Auf der ersten Seite des Grundbuchauszugs (sogenannte Aufschrift) steht unten, wann der Auszug erstellt wurde und wann die letzte Änderung erfolgt ist, die in dem Auszug berücksichtigt ist. Über eine Aktualitätsrecherche kann beim Grundbuchamt des zuständigen Amtsgerichts oder über die elektronische Grundbucheinsicht (NRW: https://www.grundbuch.nrw.de/) ein Aktualitätsnachweis abgefragt werden. Er enthält das Datum der letzten Änderung. Durch Abgleich mit dem im Grundbuchauszug angegebenen Datum der letzten Änderung kann festgestellt werden, ob der vorliegende Grundbuchauszug noch aktuell oder durch neuere Eintragungen überholt ist.

Jedes Grundbuchblatt enthält Änderungsvermerke, aus denen ersichtlich ist, welcher Rechtspfleger die jeweilige Änderung wann auf welcher Grundlage vorgenommen hat.

Was bedeutet es, wenn im Grundbuch etwas unterstrichen ist?

Eine Unterstreichung bedeutet, dass dieser Teil des Eintrags gestrichen ist. Statt durchzustreichen wird unterstrichen, damit der frühere Eintrag lesbar bleibt.

Was steht im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs?

Grundbuchauszug Muster Bestandsverzeichnis

Dieses Bestandsverzeichnis weist aus, dass das Grundstück Blatt 1234 im Grundbuch von Kleinsiedlung des Amtsgerichts Schönestadt aus dem in der Gemarkung Kleinsiedlung, Flur 23, gelegene Flurstück Nr. 188 besteht, einer Hof- und Gebäudefläche an der Sonnenstraße 12, 432qm groß (1a=100qm).

Im Bestandsverzeichnis sind die Flurstücke aufgelistet und beschrieben, die zu dem Grundstück gehören.

Beispielsweise könnte ein Grundstück aus einem Flurstück bestehen, auf dem sich Haus und Garten befinden, und einem weiteren Flurstück, auf dem eine Garage steht. In einem anderen Fall könnten sich Haus, Garten und Garage auf demselben Flurstück befinden.

Die Angabe des Flurstücks ermöglicht es, in der Flurkarte die genauen Umrisse des Grundstücks nachzusehen. Das ist wichtig, weil rechtlich die Flurkarte zählt, nicht die bei Besichtigung scheinbaren Grenzen. In Nordrhein-Westfalen kann die Flurkarte kostenlos über TIM Online eingesehen werden.

Manchmal gibt es neben dem Hausgrundstück noch einen Miteigentumsanteil an einem Privatweg, etwa einem Garagenhof oder einer Zufahrt. Dieser Miteigentumsanteil kann in dem Grundbuchblatt des Hausgrundstück mit eingetragen sein. Alternativ kann der Privatweg in einem eigenen Grundbuchblatt eingetragen sein.

Was steht in Abteilung 1 des Grundbuchs?

Grundbuchauszug Muster Abteilung 1

Eigentümer dieses Grundstücks waren zunächst Karl und Liesel Meier zu je 1/2-Anteil. Der Anteil von Karl wurde gestrichen, ebenso die Begrenzung des Eigentums von Liesel auf 1/2 (Unterstreichung bedeutet im Grundbuch Streichung). Das heißt, Liesel ist nun Alleineigentümerin. Ausweislich des Änderungsvermerks unten rechts erfolgte die Änderung aufgrund eines Erbscheins. Das lässt darauf schließen, dass Karl verstarb und Liesel seinen Anteil erbte.

In Abteilung 1 des Grundbuchs stehen die Eigentumsverhältnisse. Dort ist also die Person eingetragen, die Eigentümer des Grundstücks ist. Dabei kann es sich auch um eine juristische Person (z.B. GmbH), eine Personengesellschaft (z.B. GbR oder Erbengemeinschaft) oder um mehrere Personen handeln (Bruchteilseigentum).

Besitz ist nicht gleich Eigentum

Wer ist Besitzer eines Hauses? Besitzer des Hauses ist derjenige, der die tatsächliche Sachherrschaft ausübt. Das kann der Eigentümer sein, aber auch z.B. ein Mieter. Deshalb ist der Besitzer des Hauses nicht immer der Eigentümer.

Eigentum am Gebäude folgt Eigentum am Grundstück

Das Eigentum an einem Haus ist grundsätzlich untrennbar mit dem Eigentum an dem Grundstück verknüpft. Das folgt aus § 94 Abs. 1 BGB, wonach „die mit dem Grund und Boden fest verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen“, zu dem Grundstück gehören. Auseinanderfallen können das Eigentum am Grundstück und am Gebäude, wenn ein Erbbaurecht begründet ist oder innerhalb eines Gebäudes Wohnungseigentum oder Teileigentum begründet ist.

Was steht in Abteilung 2 des Grundbuchs?

In Abteilung 2 werden alle Belastungen des Grundstücks oder eines Miteigentumsanteils eingetragen, außer Hypotheken Grundschulden und Rentenschulden. In Abteilung 2 stehen also z.B. Nießbrauchrechte, Leitungsrechte, Wegerechte, Vorkaufsrechte.

Was steht in Abteilung 3 des Grundbuchs?

In Abteilung 3 stehen Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden.

Was ist eine eingetragene Grundschuld?

Grundschuld bedeutet, der Berechtigte kann aus dem Grundstück die Zahlung eines bestimmten Geldbetrages fordern. Er kann zur Not die Zwangsversteigerung betreiben. Die Grundschuld dient meistens als Sicherheit für ein Darlehen.

Sind Grundschulden eingetragen, bedeutet dies nicht, dass die mit der Grundschuld besicherte Verbindlichkeit mit dem im Grundbuch eingetragenen Höchstbetrag valutiert. Beispielsweise kann ein zugrunde liegendes Darlehen längst zurück gezahlt sein.

Die Grundschuld wird erst gelöscht, wenn der Eigentümer dies beantragt und der Berechtigte (z.B. Bank) dies bewilligt. Hat beispielsweise eine Bank kein Sicherungsinteresse mehr, weil das Darlehen zurück gezahlt ist, muss sie die Löschungsbewilligung erteilen. Der Eigentümer kann die Grundschuld jedoch auch stehen lassen. So kann er sie wiederverwenden, wenn er noch einmal ein Darlehen aufnehmen will.

Der Käufer eines Grundstücks wird in der Regel verlangen, dass der Verkäufer sich darum kümmert, die Grundschulden zu löschen.

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
Kostenlose Sofort-E-Mail an Rechtsanwalt Tobias Goldkamp
02131/71819-0

Rechtsberatung:

Beiträge und Kommentare geben die persönliche Auffassung der jeweiligen Autoren wieder, die nicht unbedingt der Auffassung der Breuer, Klingen, Goldkamp Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB oder der herrschenden Rechtsprechung entspricht. Sie dienen lediglich der Information und Diskussion, d.h. stellen keine Rechtsberatung dar und dürfen nicht als Entscheidungsgrundlage in konkreten Rechtsfällen verwendet werden.

Google Analytics Opt-Out Cookie wurde erfolgreich gesetzt.

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Website stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Akzeptiert