Erbrecht

Rechte und Pflichten in der Erbengemeinschaft

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp am 6. Januar 2010

Erben mehrere Personen, so bilden sie eine Erbengemeinschaft. In solcher Gesellschaft können sich schnell Streitigkeiten über Befugnisse und die richtige Vorgehensweise ergeben.

Video: Erbauseinandersetzung

Entscheidungen

Da der Nachlass von der Erbengemeinschaft gehalten wird, handelt es sich um Gesamthandsvermögen. Dies bedeutet, dass Verfügungen grundsätzlich nur mit Zustimmung aller Miterben zulässig sind. Hierbei spielt es keine Rolle, wie klein oder groß der Erbanteil des einzelnen Erben ist.

Nach neuester Rechtsprechung des BGH (12. Zivilsenat, Urteil vom 11.11.2009, Az. XII ZR 210/05) ist Zustimmung aller nicht mehr erforderlich, wenn es sich um eine Maßnahme handelt, die zur ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses geboten ist. Dann reicht für den Beschluss Stimmenmehrheit.

In dringenden Notfällen darf auch ein einzelner Erbe auf Rechnung der Erbengemeinschaft verfügen, ohne die anderen zu fragen, z.B. durch Beauftragung eines Klempners bei einem Rohrbruch.

Vollmachten

Vom Erblasser erteilte Vollmachten bleiben grundsätzlich auch nach dem Tod gültig. Mit vorhandenen Vollmachten kann also für den Nachlass gehandelt und die Erbengemeinschaft vertreten werden, ohne dass eine Zustimmung der Erben eingeholt werden muss.

Um dies zu unterbinden, muss die Vollmacht durch entsprechende Erklärung gegenüber dem Bevollmächtigten widerrufen werden. Hierzu hat jeder einzelne Erbe das Recht, auch ohne Zustimmung der anderen.

Nutzung von Immobilien und anderen Nachlassgegenständen

Jeder Miterbe hat das Recht, das Nachlassvermögen zu nutzen, soweit er dadurch nicht einen anderen in bestehender Nutzung einschränkt.

Wirtschaftlich ist die Nutzung durch Miterben ähnlich eines Mietverhältnisses abzuwickeln. Die Erbengemeinschaft kann vom nutzenden Miterben eine angemessene Nutzungsentschädigung verlangen.

Eine Nutzungsentschädigung kann nur für die Gegenwart und Zukunft geltend gemacht werden. Toleriert die Erbengemeinschaft, dass Miterben einen Nachlassgegenstand ohne Zahlung einer Nutzungsentschädigung nutzen, so kann eine Nutzungsentschädigung für die verstrichene Zeit nicht mehr geltend gemacht werden.

Die angemessene Höhe der Nutzungsentschädigung ist nach der Rechtssprechung z.B. für Häuser durch den Mietspiegel zu bestimmen. Es ist zu fragen, welche Nettomiete bei Vermietung des jeweils bewohnten Teils erzielt werden könnte. Hierbei sind wertsteigernde oder wertsenkende Besonderheiten des Hauses bzw. der Wohnung mit zu berücksichtigen.

Darüber hinaus muss jeder die Kosten tragen, die er persönlich verbraucht, d.h. die Nebenkosten.

Die Nutzungsentschädigung ist an die Erbengemeinschaft zu zahlen. Hierfür sollte entweder ein bestehendes Konto des Erblassers genutzt oder ein gemeinsames Konto eingerichtet werden. Zur Tragung der Kosten und Lasten des Hauses sind nicht die Bewohner, sondern die Erbengemeinschaft verantwortlich. Diese Ausgaben könnten von dem einzurichtenden Konto bestritten werden.

Aus den Einnahmen sollten zunächst die üblichen Rücklagen für Instandhaltungs- und Modernisierungsarbeiten gespeist werden.

Darüber hinaus gehende Überschüsse stehen der Erbengemeinschaft zu und sollten entsprechend der Erbquoten aufgeteilt werden.

Erbauseinandersetzung

Die Miterben können die Erbengemeinschaft durch einen Vertrag über die Aufteilung des Nachlasses auflösen (Teilungsvereinbarung zur Erbauseinandersetzung).

Aufgrund der Schwierigkeiten, Vermögen in einer Erbengemeinschaft, wo für Entscheidungen stets die Zustimmung aller erforderlich ist, zu bewirtschaften, ist die baldige Teilung des Nachlasses grundsätzlich empfehlenswert.

Als Grundlage hierfür empfiehlt es sich, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen. In dem Nachlassverzeichnis werden alle Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten des Nachlasses aufgelistet.

Aus der Teilungsvereinbarung sollte das Schicksal jedes Postens hervorgehen. Auch scheinbar wertlose Nachlassgegenstände sollten verteilt werden, damit klar ist, wer für den Gegenstand haftet und ggf. die Entsorgung verantwortlich ist.

Die Teilungsvereinbarung bedarf der Zustimmung aller Miterben. Entstehen Streitigkeiten, kann bei Immobilien die Teilungsversteigerung beantragt werden. Hierzu hat jeder Miterbe das Recht. Ist der Nachlass teilungsreif, kann die Teilung durch eine Erbteilungsklage erzwungen werden. Im Klageverfahren kann auch ein Güterichterverfahren angestrebt werden, um eine einvernehmliche Lösung unter Moderation eines Güterichters zu erreichen.

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
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Rechtsberatung:

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