Steuerrecht

Akteneinsicht im Steuerrecht

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp am 20. Februar 2010

Die Einsichtnahme in Steuerakten ist nicht nur im gerichtlichen Verfahren, sondern auch schon im Festsetzungsverfahren und im Einspruchsverfahren möglich.

Im finanzgerichtlichen Verfahren besteht ein Akteneinsichtsrecht nach § 78 FGO, im Steuerstrafverfahren ein Akteneinsichtsrecht nach § 147 StPO.

Doch auch im „normalen“ Besteuerungsverfahren kann Akteneinsicht beantragt werden, schon bevor ein Steuerbescheid erlassen ist.

Es besteht ein Anspruch, dass die Behörde diesen Antrag nach pflichtgemäßem Ermessen prüft und ggf. Akteneinsicht gewährt. Eine rechtswidrige Verweigerung der Akteneinsicht stellt eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 91 AO dar.

Dass im Rahmen der Ermessensentscheidung die Akteneinsicht mitunter abgelehnt werden kann, darf also nicht dahingehend missverstanden werden, dass es vorgerichtliche Akteneinsicht im Steuerrecht nicht gebe.

Im BMF-Schreiben vom 17.12.2008, Az. IV A 3-S 0030/08/10001, 2008/0725482, über die „Erteilung von Auskünften über Daten, die zu einer Person im Besteuerungsverfahren gespeichert sind“, ist festgelegt, dass Auskunft zu gewähren ist, wenn ein berechtigtes Interesse des Steuerpflichtigen dargelegt wird und keine Gründe für eine Auskunftsverweigerung vorliegen.

Als konkrete Beispiele für ein berechtigtes Interesse werden ein Beraterwechsel oder ein Erbfall genannt.

Teilweise sind in den Bundesländern die Kriterien, die die Finanzämter dabei anlegen sollen, durch Verwaltungsvorschriften näher geregelt (Bayern: OFD München 2003-11-04 S 0226-4 St 311; Hessen: OFD Frankfurt 2003-11-27 S 0622 A-29-St II 4.01; NRW: FinMin 2002-10-01 S 0226; Saarland: FinMin 2005-10-05 B/1-3-275/05-S 0226/S 0622; Sachsen-Anhalt: OFD Magdeburg 2003-09-25 S 0226-1-St 251 und 2008-02-21 S 0226-1-St 251).

Ist ein Steuerbescheid erlassen und gegen ihn Einspruch eingelegt, erstarkt das Recht auf Akteneinsicht nach pflichtgemäßem Ermessen zu einem Anspruch des Steuerpflichtigen, dass ihm das Finanzamt die Unterlagen der Besteuerung mitteilt, § 364 AO.

Die Mitteilung von Unterlagen der Besteuerung ist nicht identisch mit der Akteneinsicht, da sie nur einen Teil der Steuerakte darstellen. Immerhin erhält der Steuerpflichtige im Einspruchsverfahren jedoch einen Anspruch, dem das Finanzamt nicht durch Ermessenserwägungen ausweichen kann.

Die Notwendigkeit, Besteuerungsgrundlagen zu erläutern, wird sowohl von Finanzämtern als auch von Steuerpflichtigen oftmals unterschätzt.

Selbst Bescheide, deren Einspruchsfrist schon abgelaufen ist, können noch angegriffen werden, wenn Anhörungsfehler vorliegen.

Die Finanzbehörde muss den Beteiligten unterrichten, wenn sie von dem von ihm erklärten Sachverhalt zu seinen Ungunsten abweichen will. Wenn der Steuerpflichtige die negative Abweichung zu spät bemerkt, weil sie auch im Bescheid nicht erläutert wird, und dadurch die Einspruchsfrist versäumt, ist ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, AEAO zu § 91 Nr. 3.

Das frühzeitige Anfordern von Informationen ist wichtig, um festzustellen, wo die Dreh- und Angelpunkte eines Falles liegen.

In komplexen Steuerangelegenheiten ist von entscheidender Bedeutung, proaktiv zu handeln, zeitnah den Sachverhalt aufzuarbeiten und Beweismittel zu sichern.

Ist ein Steuerbescheid einmal in der Welt, können durch die Fälligkeitswirkungen und die Vollziehbarkeit Schäden entstehen, die im Rechtsmittelverfahren nicht wiedergutzumachen sind. Zudem können nach einem jahrelangen Steuerverfahren entscheidende Zeugenerinnerungen verblasst und Dokumente verloren sein.

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
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Rechtsberatung:

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