Tarifeinheit verfassungswidrig!
Rechtsanwalt Ralf Klingen am 11. Juli 2010Der 10. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat sich in einem Beschluss (10 AS 2/10) vom 23.06.2010 der Rechtsauffassung des 4. Senats angeschlossen. In der Begründung heißt es:
„Es besteht kein hinreichender Grund, die damit im Gesetz angelegte Möglichkeit auszuschließen, dass für verschiedene Arbeitnehmer im Betrieb unterschiedliche Tarifverträge gelten. Insbesondere enthält das Tarifvertragsgesetz keinen insoweit vorgehenden allgemeinen Grundsatz der Tarifeinheit. Die durch beiderseitige Verbandsmitgliedschaft oder durch Verbandsmitgliedschaft und eigenen Abschluss des Tarifvertrags legitimierte Geltung der Tarifnormen darf nicht entgegen der eindeutigen gesetzlichen Regelung aufgehoben werden.“
Damit ist der Grundsatz der Tarifeinheit „Geschichte“. Wir hatten darüber hier am 02.02.2010 berichtet.
Die Auswirkungen sind erheblich:
- Eine Vielzahl von Arbeitsverträgen muss überarbeitet werden. Denn Bezugnahmeklauseln in Arbeitsverträgen wie z.B. „Es gelten die jeweils geltenden Tarifverträge.“, sind problematisch, wenn im Betrieb mehrere Tarifverträge in Betracht kommen.
- Wie ist der Vorrang des Tarifvertrags (welcher?) hinsichtlich der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu sehen?
- Die Arbeitgeber müssen die Gestaltung der Firmentarifverträge überdenken.
- Arbeitskämpfe werden wegen der Tarifpluralität zunehmen.
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