Scheidung zu teuer? Kosten des Scheidungsverfahrens und Prozesskostenhilfe
Rechtsanwalt Volker Stadtfeld am 14. Februar 2008Die Gerichts- und Anwaltskosten für ein Scheidungsverfahren sind hoch. Aus diesem Grund meiden viele Ehepaare das Scheidungsverfahren, obwohl Sie bereits viele Jahre getrennt leben.
Dies kann allerdings zu erheblichen Problemen führen. Wenn z.B. einer der Eheleute arbeitsunfähig wird und Sozialhilfe beziehen muss, wird die Behörde den anderen auf Unterhaltszahlungen in Anspruch nehmen. Auch eine lange Trennungszeit beseitigt den Anspruch auf Trennungsunterhalt nämlich nicht.
Anders kann dies nach der Scheidung aussehen, insbesondere wegen des neuen Unterhaltsrechts ab 2008. Lesen Sie dazu auch:
Das neue Unterhaltsrecht – Auswirkungen der Unterhaltsreform
und
Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts
Auch im Bereich des Rentenausgleichs, des sogenannten Versorgungsausgleichs, und im Zugewinnausgleich kann eine lange Ehedauer für den Ausgleichsverpflichteten Nachteile bringen. In diesen Bereichen endet die Ehedauer erst, wenn ein Scheidungsantrag zugestellt wurde, die Trennung vom Ex-Partner allein reicht dazu nicht aus.
Die weiter bestehende Ehe hat also vielfältige rechtliche Konsequenzen, nicht zuletzt in Bereich des Erbrechts.
Diese Konsequenzen können nicht allein durch eine Trennung beseitigt werden. Dazu ist die Einleitung des Scheidungsverfahrens notwendig.
Kosten der Scheidung
Da der Scheidungsantrag von einem Rechtsanwalt gestellt werden muss, fallen nicht nur Gerichtskosten, sondern auch die Kosten des Rechtsanwalts an.
Diese Kosten richten sich nach dem Gegenstandswert. Dieser wiederum wird anhand der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Eheleute ermittelt.
Das Vermögen spielt in den allermeisten Fällen keine Rolle, da Werte wie der PKW oder die Wohnungseinrichtung nicht berücksichtigt werden und im übrigen hohe Freibeträge gelten.
Der Gegenstandswert folgt somit meistens aus dem Einkommen. Dabei wird der dreifache Nettobezug beider Eheleute eingesetzt und für evtl. vorhandene Kinder ein Abzug von jeweils 250,00 € vorgenommen.
Beispiel:
Beide Eheleute verdienen 1.500,00 € monatlich. Aus der Ehe ist ein noch minderjähriges Kind hervorgegangen. Der Gegenstandswert beträgt somit 8.250,00 € ((1.500 + 1.500 – 250)* 3). Hinzu kommt der Gegenstandswert für den Versorgungsausgleich von mindestens 1.000,00 € (höchstens 2.000,00 €), insgesamt also 9.250,00 €.
Die Anwaltskosten betragen 1.215,00 € zzgl. Mehrwertsteuer i.H.v. derzeit 230,85 € (19%).
Die Gerichtskosten belaufen sich auf 392,00 €.
Gesamtkosten des Scheidungsverfahrens: 1.837,85 €
Beauftragt auch der andere Ehegatte einen Rechtsanwalt, fallen die Anwaltskosten natürlich doppelt an.
Prozesskostenhilfe
Wer die Kosten des Scheidungsverfahrens nicht selbst aus seinem Vermögen oder Einkünften tragen kann, kann Prozesskostenhilfe (PKH) beantragen. Prozesskostenhilfe wird ratenfrei bewilligt oder mit Ratenzahlung, wobei sich die Höhe der Raten nach dem Einkommen richtet.
Dabei werden auch Wohnungskosten, Kreditraten und sonstige Belastungen berücksichtigt, so dass auch Scheidungswillige mit guten Einkünften PKH beanspruchen können.
Beispiel:
Der vermögenslose Antragsteller verdient 1.500,00 € netto. Die Warmmiete beträgt 600,00 €. Er zahlt Kindesunterhalt i.H.v. 250,00 € und bedient einen Kredit mit 100,00 € im Monat. Nach Abzug der gesetzlichen Freibeträge verbleibt kein einzusetzendes Einkommen. Es wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt. Der Staat übernimmt damit die Scheidungskosten.
Müsste der Antragsteller den Kredit nicht bedienen, würde ebenfalls PKH bewilligt, allerdings mit einer Ratenzahlung von monatlich 30,00 €, höchstens jedoch für 48 Monate.
Die dann noch offenen Kosten trägt der Staat. Im übrigen handelt es sich um einen zinslosen Kredit.
Prozesskostenhilfe beantragt der Rechtsanwalt für Sie. Sie müssen dazu die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, das sogenannte PKH-Formular ausfüllen und entsprechende Belege für die Angaben zusammenstellen. Das PKH-Formular finden Sie hier. Die meisten Rechtsanwälte, insbesondere Fachanwälte für Familienrecht, haben das Formular ebenfalls vorrätig.
Näheres zu Prozesskostenhilfe erfahren Sie hier.
Steuerrecht
Wer aufgrund seiner Einkommens- oder Vermögenslage Prozesskostenhilfe nicht in Anspruch nehmen kann, muss auf staatliche Hilfe nicht unbedingt verzichten.
Die Kosten des Scheidungsverfahren können steuerrechtlich als außergewöhnlliche Belastungen abgesetzt werden. Achtung: dies gilt nur für das Scheidung und den Versorgungsausgleich, nicht für sonstige familienrechtliche Verfahren, wie z.B. Zugewinnausgleich oder Unterhalt, selbst wenn solche Verfahrten mit dem Scheidungsverfahren verbunden wurden.
Die steuerliche Absetzbarkeit kommt dann in Betracht, wenn die sogenannte zumutbare Belastung i.S.d. Steuerrechts überschritten wird. Diese Grenze richtet sich u.a. nach dem Einkommen und der Zahl der Kinder.
Beispiel:
Bruttoeinkommen pro Jahr: 40.000,00 €, ein Kind, wegen der Trennung ist die Grundtabelle anzuwenden:
Die zumutbare Belastung beträgt: 1.200,00 €. Soweit die Scheidungskosten diesen Betrag übersteigen, sind sie absetzbar.
U.a. auch mit den Kosten der Scheidung befasst sich der Beitrag: Scheidung online – gibt es das überhaupt?
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