Allgemeines Zivilrecht | Vertragsrecht

Kleingedrucktes oft unwirksam

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp am 4. Juni 2009

Für den Kunden nachteilhafte Klauseln verstecken sich oft in kleiner Schrift vorformulierter Vertragstexte. Eine Praxis, die das Landgericht Köln nun als „verbreitete Unsitte“ bezeichnet und für unwirksam erklärt hat.

In dem zu entscheidenden Fall berief sich die Klägerin auf allgemeine Geschäftsbedingungen, die in kleiner Schrift abgefasst waren. Das Gericht wies die Klage ab und führte in der Urteilsbegründung aus, dass Texte in „erheblich kleinerer“ Schrift als Schriftgröße 12 unwirksam sind, da sie nicht in zumutbarer Weise zur Kenntnis genommen werden können. Die Richter argumentierten,

dass sogar der Verdacht nicht fernliegt, die Aufmachung könne bewusst so gewählt worden sein, um den Kunden davon abzuhalten, den Text wirklich durchzulesen, was selbstredend als treuwidrig vom Gesetz nicht gestützt werden kann, jedoch auch dann gelten muss, wenn der extreme Kleindruck aus reiner Nachlässigkeit oder in gedankenloser Nachahmung einer verbreiteten Unsitte erfolgt.

Man kann auch, anders ausgedrückt, sagen, daß Allgemeine Geschäftsbedingungen dann unwirksam sind, wenn sie wegen extremen Kleindrucks nicht in zumutbarer Weise zur Kenntnis genommen werden können. Zwar wird man im Regelfall davon ausgehen können, daß Texte in Schriftgröße 12, wie sie üblicherweise in Schriftstücken Verwendung finden, auch von Sehschwachen unter Zuhilfenahme der üblichen Hilfsmittel (etwa Brille) ohne größere Schwierigkeiten zur Kenntnis genommen werden können. Bei der Verwendung erheblich kleinerer Schriftgrößen kann dies jedoch nicht mehr gesagt werden:

Es liegt auf der Hand, daß ein Leser – auch ein solcher mit normaler Sehstärke – bei extrem kleinen Drucktypen erhöhte Konzentration auf das Lesen als solches richten muß, was notwendigerweise die Konzentration auf den Inhalt schwächt; je kleiner der Drucktyp, um so größer wird die Schwierigkeit, neben den Worten als solchen auch ihre Bedeutung zur Kenntnis zu nehmen. Handelt es sich dann auch noch um Texte, die – wie Allgemeine Geschäftsbedingungen – wegen der Komplexheit der Regelungen erhöhte Anforderungen an Konzentration und Verständnis stellen, ist der Leser regelmäßig überfordert; geht es gar, wie im vorliegenden Fall, um Leser, die mit den geregelten Sachverhalten von Ausbildung und Berufs wegen alles andere als vertraut sind, übersteigt die Verwendung derart kleiner Drucktypen, wie sie die Klägerin hier ihrem Vertragswerk zugrunde gelegt hat, nach Ansicht der Kammer die Grenze des Zumutbaren, was zur Folge hat, daß sich die Klägerin insgesamt auf diesen Vertragstext nicht stützen kann.

Im aufgezeigten Sinne hat schon der Bundesgerichtshof (Urt. v. 3.2.1986 – II ZR 201/85) selbst für den kaufmännischen Geschäftsverkehr herausgestellt, daß Allgemeine Geschäftsbedingungen kein Vertragsbestandteil werden, wenn „sie infolge ihrer drucktechnischen Gestaltung lediglich mit der Lupe und selbst dann nicht ohne Mühe lesbar sind“. Um so mehr muß dies im Verhältnis zu Nichtkaufleuten (wie hier der Beklagten) gelten, hinsichtlich derer schon die Materialien zum AGB-Gesetz klargestellt haben, daß es „zur Möglichkeit, in zumutbarer Weise von Inhalt der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Kenntnis zu nehmen, auch gehört, daß diese mühelos lesbar sind“.

LG Köln, Urteil vom 21.01.2009, Az. 18 O 351/08

Rechtsanwalt Tobias Goldkamp
Fachanwalt für Erbrecht
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Rechtsberatung:

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