Inkasso

Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens?

Rechtsanwalt Volker Stadtfeld am 28. September 2007

Der Bundesrat hat einen „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 98a)“ vorgelegt. Damit sollen die verfassungsrechtlichen Grundlagen für eine Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens geschaffen werden. Der Bundesrat möchte Aufgaben der Zwangsvollstreckung von Beamten auf Privatpersonen, sog. Beliehene, übertragen. Das soll zu einer effektiveren Zwangsvollstreckung führen. Zukünftig sollen danach die Gerichtsvollzieher zwar noch unter staatlicher Aufsicht stehen, aber auf eigene Rechnung arbeiten. Dies würde Leistungsanreize für die Gerichtsvollzieher schaffen, die eine effektive Zwangsvollstreckung bewirkten.

Die Justizministerinnen und Justizminister sprachen sich auf der 78. Justizministerkonferenz für diesen Vorschlag aus.

Die Bundesregierung lehnt die Privatisierung ab und verweist darauf, dass die Gerichtsvollzieher hoheitliche Aufgaben wahrnehmen, die auch die Anwendung körperlicher Gewalt umfassen. außerdem würde die Privatisierung zu einer Verteuerung der Kosten der Zwangsvollstreckung führen. Die Gebühren sollen sich um das mehr als Dreifache erhöhen.

Die Bundesrechtsanwaltskammer lehnt den Vorschlag aus den gleichen Gründen ab.

Die Effizienz der Gerichtsvollziehervollstreckung zu erhöhen, erscheint in der Tat erforderlich. Die Privatisierung mit einer entsprechenden Kostenexplosion ist dafür aber nicht der richtige Weg. Zwar müssen die Schuldner die Kosten der Zwangsvollstreckung erstatten, oft genug sind sie dazu aber nicht in der Lage. In diesen Fällen bleibt der Gläubiger auf den Vollstreckungskosten sitzen.

Dies wird viele Gläubiger, insbesondere aber Privatgläubiger, davon abhalten, die Vollstreckung einzuleiten. Das muss Auswirkungen auf die ohnehin schlechte Zahlungsmoral haben. Schuldner werden darauf spekulieren, dass die Gläubiger die hohen Kosten scheuen. Die Liquidität der kleinen und mittelständischen Unternehmen, der Handwerker und der Dienstleister würde weiter geschwächt.

Die Effizienz der Gerichtsvollziehervollstreckung würde bereits erhöht, wenn die Gläubiger sich den Gerichtsvollzieher selbst auswählen könnten und die Gerichtsvollzieher einen prozentualen Anteil an den eingenommenen Gebühren, besser noch: an den von den Schuldnern beigetriebenen Gebühren, erhalten würden.

Der Vorschlag des Bundesrates erscheint lediglich als weiterer Versuch, die Kosten des Justizwesens zu Lasten der Gerechtigkeit und des Rechtsfriedens zu reduzieren.

Rechtsanwalt Volker Stadtfeld
Fachanwalt für Familienrecht
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Tel. 02131/9665-55

Rechtsberatung:

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